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Das Herz weint mit – HRV bei Depression

von Priv.-Doz. Dr. Michael Mück-Weymann, Universität Dresden u. Universität Erlangen

    Depressive haben im Vergleich zu Kontrollpersonen eine höhere Herzfrequenz und eine eingeschränkte Herzratenvariabilität (HRV = rhythmische Schwankungen der Herzfrequenz). Der mögliche Zusammenhang wird um so deutlicher, je ausgeprägter die Depression ist. Folgende Beobachtungen machen dieses Phänomen besonders interessant: 1. Eine Depression verdoppelt das Risiko, herzkrank zu werden (in Form von KHK, Herzinfarkt, plötzlichem Herztod). 2. Wenn Herzkranke zusätzlich unter einer Depression leiden, nimmt ihr Sterberisiko zu. 3. Herzfrequenzerhöhung und HRV-Reduktion sind bei herzkranken (1) und bei herzgesunden Depressiven charakteristisch (2). 4. Eine psychotherapeutische Behandlung scheint auf Herzfrequenz und HRV depressiver Herzkranker normalisierend zu wirken (3).

Depression verringert kardiale Leistungsbreite

    Mittlerweile weisen mehrere Untersuchungen darauf hin, dass Depressionen mit Veränderungen der Herzfunktion einhergehen. Letztere lassen sich als Ausdruck vermehrter sympathischer Aktivität bzw. als Zeichen eines verminderten Vagustonus deuten. Während Ruhemessungen keineswegs immer eine Herzfrequenzerhöhung und HRV-Einschränkung erkennen lassen, scheinen letztere spätestens unter Belastung (wie psychischem oder Kälte-Stress) offenkundig zu werden. Dies belegt eine vor kurzem veröffentlichte Studie von Hughes und Kollegen an 35 herzgesunden Studenten, der zufolge depressive Zustände die genannten Herzfunktionsparameter unmittelbar beeinflussen (also ohne Zwischenschaltung anderer pathologischer Prozesse) (2). Für einen „heißen Draht“ zwischen kardialer Reagibilität und Depression spricht auch eine Untersuchung von Carney und Kollegen, in der depressive Koronarpatienten bis zu 16 Einzelsitzungen kognitiver Therapie erhielten. Unter diesem Vorgehen besserte sich nicht nur die Depression, auch die Herzfrequenz sank signifikant und die HRV erhöhte sich (3). Dabei war der Effekt auf die Herzfrequenz fast halb so stark wie der eines Betablockers.

Neue Gesundheitsindikatoren?

    Sollte sich der Zusammenhang zwischen Depression und HRV erhärten (auch eigene Studien sprechen dafür) (4), ergäben sich interessante Konsequenzen:
1. Die HRV würde sich als einfach zu messender biologischer Indikator zur Diagnostik und Behandlung depressiver Zustände anbieten (Einschätzung von Gefährdung, Schweregrad, Therapieresponse). Dabei fasziniert die Parallelität körperlicher und psychischer Phänomene: Der eingeschränkten affektiven Schwingungsfähigkeit Depressiver scheint die eingeschränkte kardiale Schwingungsfähigkeit zu entsprechen. Besserungen wirken sich meist auf beide (offenbar „vernetzten“) Phänomene aus.

2. In therapeutischer Hinsicht bieten sich Maßnahmen an, die den Einfluss des Vagus auf das Herz fördern und so das Leistungsspektrum des Herzens wieder erweitern (wie Ausdauertraining, nicht anticholinerg wirkende Antidepressiva, Entspannungsmethoden, Psychotherapie).
3. HRV und Depression sind beide Ausdruck und Maß eingeschränkter Anpassungsfähigkeit an innere und/oder äußere Belastungen. In dieser Eigenschaft könnte ihre routinemäßige Überprüfung Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll ergänzen und frühzeitig zu korrigierenden Maßnahmen motivieren.

Literatur: (1) P. K. Stein u. a.: Severe depression is associated with markedly reduced heart rate variability in patients with stable coronary heart disease. J. Psychosomatic Research 2000 (48) 493-500; (2) J. W. Hughes u.a.: Depressed mood is related to high-frequency heart rate variability during stressors. Psychosomatic Medicine 2000 (62) 796-803; (3) R. M. Carney u.a.: Change in heart rate and heart rate variability during treatment for depression in patients with coronary heart disease. Psychosomatic Medicine 2000 (62) 639-647; (4) J. Bihler u.a.: Beeinträchtigen depressive Symptome die autonome Steuerung des Herzens? Poster auf der 52. Arbeitstagung des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin 02.03.2001 in Bad Honnef


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