Erfolg im Leistungssport
setzt sichere und praktikable Verfahren für eine optimale Trainings-
steuerung voraus. Während die Herzfrequenz (Hf) bereits seit langem zur
Steuerung der Trainingsbelastung Anwendung findet, wird die
Herzfrequenzvariabilität (HRV), die sehr differenziert Veränderungen des
vegetativen Zustandes widerspiegelt, bisher noch wenig genutzt. Im
Rahmen einer Längsschnittanalyse, die als Einzelfallstudie angelegt war,
wurde die Eignung der HRV zur Belastbarkeitsdiagnostik untersucht.
Bei dem Probanden handelt es sich um einen
leistungsstarken Langstreckentriathleten (Alter: 38 Jahre,
Trainingsumfang: 1000 h/Jahr, Wettkampfzeit IRONMAN®: ca. 9
Std.). Die Datenerhebung erfolgte mit dem Vantage NV der Firma Polar in
einer täglichen fünfminütigen Aufzeichnung der Herzzeitintervalle
morgens über einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren. Eine detaillierte
Analyse der HRV erfolgte mit der Software Polar Precision Performance.
In die Untersuchung wurden Parameter des Streudiagramms (stda, stdb),
der Zeitbereich- (SD, RMSSD) und Frequenzanalyse (TP, LF, HF, HF%, LF/HF%)
einbezogen. Durch die Auswertung von 684 Einzeldatensätzen ergaben sich
bei einer durchschnittlichen Hf von 43
± 4 min-1
folgende Referenzwerte der HRV: stdb 128ms, SD 140ms, RMSSD 181ms, TP
20633ms2, HF 15936ms2, HF 77% und LF/HF 8%. Vor
allem die den Vagus repräsentierenden Kurzzeitvariabilitätsparameter (stdb,
RMSSD, HF und HF%) sind bei dem untersuchten Triathleten, verglichen mit
Normalwerten aus der Literatur, stark erhöht (z.B. RMSSD 181ms vs.
27ms). Beim Vergleich der HRV in verschiedenen physischen und
psychischen Belastungssituationen zeigen sich charakteristische
Veränderungen. Bei subjektiv schlechter Befindlichkeit, gestörtem
Schlafmuster, mentaler Anspannung, Infekten, verletzungsbedingtem Stress
und einer zu hohen Trainings- oder Wettkampfbelastung kommt es zu einer
Verschiebung des vegetativen Gleichgewichts in Richtung erhöhter
sympathikotoner Funktionslage, verbunden mit einer signifikanten Zunahme
der Hf und Abnahme der HRV (p<0,01). Belastungs- und umfeldbedingte
Einflüsse auf das vegetative System können sich dabei überlagern. Eine
längerfristige Unterschreitung der individuellen Referenzwerte der HRV
kann als Ausdruck eines möglichen Regenerationsdefizits bzw. eines
beginnenden Übertrainings gewertet werden. Im Anschluss an physische
Extrembelastungen, wie beispielsweise einen IRONMAN®,
ermöglicht die Kontrolle der HRV Rückschlüsse auf den
Regenerationsverlauf.
Für die tägliche Trainingssteuerung ist
neben der computergestützten Auswertung eine Sofortinformation über die
aktuelle HRV von besonderem Interesse. Deshalb wurde in einer weiteren
Untersuchung die diagnostische Aussage des RLX-Wertes überprüft, der als
modifizierte Standardabweichung auf dem Display des Sporttesters
erscheint und alle fünf Sekunden aktualisiert wird. Zwischen den,
während der fünfminütigen Messung abgelesenen RLX-Werten (höchster und
niedrigster Wert) und den Kurzzeitvariabilitätsparametern konnten
hochsignifikante Korrelationen (p<0,01) nachgewiesen werden. Der
RLX-Wert erweist sich also für die tägliche Trainingssteuerung als
geeignet, um Aussagen bezüglich der augenblicklichen
Belastungsverträglichkeit zu treffen.
Die gewonnenen
Ergebnisse machen deutlich, dass sich die HRV für die Trainingspraxis
als aussagekräftiger Parameter erweist, da mit der HRV komplexe
Zusammenhänge vegetativer Regulationen erfasst werden können. Durch
eine regelmäßige Kontrolle der Hf und HRV lassen sich sowohl
funktionelle Umstellungen und Anpassungen infolge positiver
Belastungsverarbeitung, als auch vegetative Dysbalancen auf Grund zu
hoher Gesamtbelastung (physisch und/oder psychisch) oder
gesundheitlicher Beeinträchtigungen nachweisen. |